Das Hochwasser

Das Jahr 2002 wird als das Jahr der Jahrhundertflut in die Geschichte eingehen. Lang anhaltende und ergiebige Niederschläge im Erzgebirge und in Tschechien führten zu einem rasanten Anstieg des Wasserstandes im Dresdener Raum. In Dresden stieg der Pegel am 17.08.2002 auf 9,39 Meter. Diese riesige Wassermenge wälzte sich nach Norden.

In der Nacht vom 20. zum 21. August erreichte die Flutwelle Sandau. In Erwartung der Flut und unter den Eindruck der katastrophalen Bilder aus Sachsen, bereitete sich Sandau auf das Hochwasser vor. Bereits Tage vorher wurden Sandsäcke zur Verstärkung des Deiches gefüllt. Die Bewohner sicherten ihre Häuser mit Sandsäcken, Folien, Verschlägen und teilweise auch mit Mauern. Deichwachen wurden eingeteilt. Die Stadt glich einer "belagerten Festung", der Zugang zum Elbdeich wurde Zivilpersonen untersagt. In jener Nacht erreichte der Pegel einen Höchststand von ca. 7,88 Meter. Der Deich schien den Druck der enormen Wassermassen standzuhalten.

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Havelberger Volkststimme vom 20.08. 2002
Von Andrea Schröder

Ab Morgen laufen auch die Wachen auf den Haveldeichen"Dreiviertel stand der Deich schon öfter voll", ist Herbert Kösling optimistisch, dass der Schutzwall am Sandauer Elbufer auch dieses Mal halten wird. Vorsorge hat er dennoch getroffen. So wie andere in Sandau auch. Gestern waren wieder viele Freiwillige an den Deichen, erhöhten die Überfahrten und tiefer gelegene Deichabschnitte. Viele hatten von ihren Arbeitnehmern problemlos frei bekommen. Manche machten andere Erfahrungen. Die Sandauer Landschaftsgestaltungs-Firma Ludwig ist daheim geblieben. "Eigentlich müssten wir jetzt in Hamburg sein", berichtete Guido Seemann. Doch Mitarbeiter und Technik werden jetzt hier gebraucht. Weil ein Kollege in Sandau wohnt, hatte ein Berliner Firmenchef seine fünf Transporter mit fünf Mann in die Elbestadt geschickt. Jede Hilfe zählt. Urlaubsreisen haben einige abgesagt, die in den elbnahen Orten wohnen. Der Schutz des Hauses und der Stadt oder des Dorfes geht vor. Die Stimmung unter den Sandauern und ihren Helfern ist gut. Was wirklich passieren kann, weiß niemand. Die Meinungen sind unterschiedlich. Laut Verwaltungsleiter Carsten Wulfänger ist die Elb-Havel-Region gut auf das Hochwasser vorbereitet. 150000 Sandsäcke stehen an den Deichen bereit, um eventuell auftretende undichte Stellen zu stopfen. Die Säcke wurden jetzt parat gestellt, da noch mit der Technik an die Deiche herangefahren werden kann. "Wir hoffen, dass die Deiche halten", sagte Carsten Wulfänger. Laut Prognosen müssten 30 Zentimeter Platz bis zur Deichkrone bleiben. In Höhe Wulkau wurden gestern 1000 Sandsäcke verteilt. An einer Stelle war Wasser aus dem Deich gedrungen. Im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Sandau werden heute die Leute geschult, die auf den Haveldeichen Wache schieben sollen. Spätestens Mittwoch früh werden sie ihren Einsatz beginnen. Die Elbdeiche werden seit Sonntag genauestens beobachtet.

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-- Zwei Sandauer Deichwächter retten ihre Stadt vor Überflutung --

Havelberger Volkststimme vom 22.08. 2002
Von Andrea Schröder

Sandau - Der Lastenhubschrauber wirbelt das Hochwasser bei Sandau (Kreis Stendal) auf. Er wirft Sandsäcke ab, mit denen Bundeswehrpioniere aus Havelberg den Deich sichern. Es ist allerdings zwei Sandauern zu verdanken, dass der Sandauer Damm überhaupt noch steht.
Am Dienstag gegen 18 Uhr sehen Dieter Barth und Wolfgang Blechschmidt in Höhe des Schwarzen Lochs, dass sich die Grasnarbe auf dem Schutzwall verschoben hat. Der Deich droht zu brechen, wissen beide sofort. Und. Wenn die Flut kommt, steht ihre kleine Stadt im Elbe-Havelwinkel unter Wasser. Sie hetzen zu den Soldaten der Havelberger Einheit, die seit einigen Tagen dort zur Hilfe abkommandiert sind. Nach kurzer Beratung beginnt der Kampf mit der Elbe, die in normalen Zeiten etwa zwei Kilometer entfernt fließt. Zu den Soldaten und Zivilisten, die gestern Sandsack auf Sandsack schichten, gehört Michael Bullert, Pionier der 4. Kompanie. Am Wochenende hat er noch bei seiner Freundin in Magdeburg-Cracau geholfen, das hochwassergefährdete Haus zu sichern. "Prima Jungs", so das Lob des Sandauer Bürgermeisters Henry Wagner. Sauer ist der Bürgermeister auf manche nicht nachvollziehbare Entscheidung. "In der Nacht kam ein Trupp Bremer Polizei und wollte uns evakuieren. Der Einsatzleiter hatte irgendwo gehört, dass der Damm gebrochen ist. So etwas bringt natürlich Unruhe."